News-Aggregatoren als Retter der Demokratie

In der aktuellen Debatte um das Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseverleger wird gerne das Argument bemüht, dass ohne eine unabhängige Presse keine ausgewogene Berichterstattung möglich ist und somit die Demokratie selbst in Gefahr ist. Wenn ich mir jedoch meinen eigenen Medienkonsum und dazu die tatsächlich stattfindende Nicht-Debatte um das LSR anschaue, ergibt sich für mich ein anderes Bild.

Ein Großteil der reichweitenstarken Medien von FAZ bis SZ berichten derart einseitig über und lobbyiert für ein entsprechendes Recht, dass man von einer ausgewogenen Berichterstattung kaum noch sprechen kann. Die Gegenposition, die auf die Nutzlosigkeit bis Schädlichkeit eines solchen Rechtes hinweist, findet dort schlicht nicht statt, sondern ist nur in den entsprechenden Onlinemagazinen wie Netzpolitik oder in Blogs wie z.B. von Stefan Niggemeier zu finden. Die Leser traditioneller Medien erfahren davon nichts.

Neben dieser Vorauswahl durch das vom Leser verwendete Empfangsmedium gibt es aber auch eine inhaltliche Vorselektion durch die eigenen Lesegewohnheiten. Durch die Auswahl der Blogs, die ich lese, der Personen, denen ich bei Twitter folge oder meine Facebook-Freundschaften bin ich derart von homogenen Positionen umgeben, dass eigentlich von vorneherein klar ist, auf welche Seite ich in einer Debatte stehe. Der einzige Punkt, an dem ich ggf. mit anderen Argumenten in Berührung kommen kann, ist vielleicht noch die Tagesschau. Die Filterbubble ist mächtig und beinahe undurchdringlich.

Das ist jedoch kein neues Phänomen. Nur sind es heute eben nicht mehr nur linke oder konservative Zeitungen in denen diskutiert wird. Debatten finden im großen Maße im Internet statt. Je mehr die traditionellen Medien sich durch das gleichartige Widerkäuen identischer Agenturmeldungen immer mehr annähern, desto größer wird die Vielfalt in Blogs, Onlinemagazinen oder schlicht auf Facebook oder Twitter immer größer. Nur die Aufgabe, die gesellschaftlichen Debatten zu begleiten, zu bündeln und verdichtet wiederzugeben, will irgendwie niemand mehr so recht übernehmen.

An dieser Stelle kommen die News-Aggregatoren ins Spiel. Diese arbeiten ähnlich wie Suchmaschinen, konzentrieren sich jedoch auf Blogs, News oder sonstige Arten von Meinungsäußerungen. Als bekannteste Vertreter wären hier wohl Google News und rivva.de zu nennen. Im Gegensatz zu einer reinen Suchmaschine kann hier nicht nur nach Artikeln zu einem bestimmten Thema gesucht werden, vielmehr werden hier proaktiv aktuelle Einträge nach Relevanz vorselektiert und aufbereitet. Die Filterbubble wird also ein Stück weit durchbrochen und ich als Leser stoße auf Beiträge, die außerhalb meiner üblichen Lesegewohnheiten liegen.

Das große Potential, das ich in den News-Aggregatoren jedoch sehe, ist die Möglichkeit der automatischen Zuordnung von Beiträgen oder Artikeln zu einer bestimmten Debatte. Unterschiedlichste Meinungen könnten gegenübergestellt werden und der Leser kann sich somit selbst ein Bild machen. Das Fehlen von Verweisen auf gegensätzliche Argumente bei den großen Medien, ob nun vorsätzlich oder nicht, kann durch Technologie wieder ein Stück weit repariert werden.

Wo die Debattenkultur in den traditionellen Medien also mehr und mehr verarmt, geben uns Aggregatoren zumindest die Übersicht über die Debatten zurück. Für die Aufbereitung wird sich dann schon jemand finden. Aus diesem Grund sind Aggregatoren notwendig und alle Schritte wie das Einführen eines LSR in der aktuell diskutierten Form, die die Weiterentwicklung oder schlicht den Betrieb vor unmögliche Hürden setzen, sind dringend abzulehnen. Sie sind die Rettung für die Demokratie, deren Gefährdung die Medien durch ihr eigenes Verhalten selbst heraufbeschworen haben.

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