wenn zwei Dinge zusammen kommen
In der Geschichte kommt es immer wieder vor, dass zwei Dinge gleichzeitig zusammen kommen müssen, damit etwas großes entsteht. Richard Stallmans GNU-System und der Linux-Kernel von Linus Tovalds hätten für sich genommen wohl nie diesen Erfolg gehabt und was aus Lutters Reformation ohne den Buchdruck von Gutenberg geworden wäre, ist auch nur schwer vorstellbar. Dieser Woche bestätigt sich dieser Grundsatz mal wieder, wenn auch eher im schlechten, denn er zeigt, was wir heute vom allzeit hochgepriesenen Online-Journalismus halten können.
Nachdem am Sonntag das erste mal der Name des möglichen Nachfolgers Glos‘ als Wirtschaftsminister durch die Republik geisterte, überschlugen sich die verschiedenen Medien mit Meldungen über den vollständigen Namen des Karl-Theodor zu Gutenberg (den ich mir an dieser Stelle spare). Am Dienstag dann war in einem „anonymen Gastbeitrag“ im BildBlog zu lesen, dass der Autor noch am Sonntag Abend den Namen Wilhelm im Wikipedia-Artikel Gutenbergs einfach drangehängt hatte. Nachzulesen ist dies im Änderungsprotokoll des Artikels. Die Entwicklung des Artikels über die nächsten 2 Tage hinweg ist übrigens insgesamt sehr empfehlenswert.
Viele Medien sind inzwischen zurückgerudert, teils offen und selbstkritisch, teils aber auch kommentarlos oder schlicht peinlich. Näheres hierzu haben wieder das BildBlog und Stefan Niggemeier. Wäre das nicht schon genug Schellte für den Online-Journalismus kommt nun noch ein 2. Akt hinterher.
Wie bereits bekannt sein dürfte, wurden am Dienstag Details über eine schwer wiegende Sicherheitslücke im Content-Management-System Typo3 bekannt. Und was stellt man mit so einer Lücke an? Erstmal lässt sich die Website von Wolfgang Schäuble um einzelne Informationen zu aktuellen politischen Themen erweitern. Andererseits kann man über die Website von Schalke 04 aber auch verbreiten, der Verein hätte Kevin Kuranyi entlassen. Als selbsternannte Referenz in Sachen Fußball ist es dann für Bild.de natürlich unerlässlich, diese Information aufzugreifen und in die Welt hinaus zu posaunen (siehe Medienrauschen).
Diese beiden Beispiele machen wieder deutlich, was aus dem Journalismus in diesem Land geworden ist. Im Rennen um immer aktuellere Nachrichten wird die Sorgfalt hinten angestellt. Sicherlich sind der vollständige Name unseres Wirtschaftsministers und der Rauswurf Kuranyis aus einer weiteren Mannschaft keine „kritischen“ Informationen aber die ganze Aktion zeigt doch sehr gut, dass man sich nicht auf alles verlassen darf, was vermeintlich seriöse Nachrichten verbreiten.